Gemeinsamer Prozess zur Erarbeitung einer „Oö. Hausordnung“:
Orientierung und Wertebasis für ein respektvolles Zusammenleben in Oberösterreich
„Oberösterreich ist das Land des Miteinanders und des Zusammenhalts. Wir helfen jenen, die Unterstützung brauchen, lassen niemanden allein – wir fördern, aber wir fordern auch. Denn damit das Zusammenleben gut funktioniert, braucht es auch klare Regeln, die festlegen, wo die Grenzen sind. Diese sind zu respektieren – das gilt für jede und jeden, auch für jene, die aus Ländern mit unterschiedlicher sozialer und kultureller Prägung zu uns kommen. Mit unserer Hausordnung bieten wir eine Leitlinie, an der sich alle orientieren können. Diese Grundregeln des Zusammenlebens sind die Basis für eine gemeinsame, erfolgreiche Zukunft.“
– Landeshauptmann Mag. Thomas Stelzer
„Die Zuwanderung fordert unsere Gesellschaft und bringt neue Weltanschauungen ins Land. Um ein gutes Zusammenleben auch in Zukunft sicherzustellen, brauchen wir Regeln, die nicht gebrochen, und Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen. Wir wollen herausarbeiten, was uns verbindet, nicht was uns trennt. Die Oö. Hausordnung soll ein Leitfaden für das tägliche Zusammenleben in unserem Land und eine Wertebasis sein für alle, die hier leben. Sie soll nicht belehren, sondern Orientierung schaffen. Denn: In Oberösterreich gelten unsere gemeinsamen Werte und unsere Spielregeln für alle. Wer Teil dieser Gemeinschaft sein will, muss auch bereit sein, ihren Grundregeln zu folgen. Damit unterscheiden wir auch klar zwischen Leistungsträgern, die etwas zum Wohlstand beitragen und jenen, die unsere Systeme ausnutzen wollen.“
– Integrations-Landesrat Dr. Christian Dörfel
„Die gesellschaftliche Vielfalt bedingt durch Individualisierung, Migration, Globalisierung und gesellschaftlichen Wandel stellt neue Anforderungen an unser Zusammenleben. Je nach sozioökonomischem Entwicklungsstand, historischen Erfahrungen und religiösen Prägungen bringen unterschiedliche sozio-kulturelle Gruppen sehr unterschiedliche Wertorientierungen mit, die mit der Aufnahmegesellschaft differieren und kollidieren können. Fragen der Gleichberechtigung, der Meinungsfreiheit oder religiöser Praktiken müssen in einem Rahmen geklärt werden, der auf Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit fußt. Dafür braucht es verbindliche Leitwerte, die von allen respektiert und getragen werden – unabhängig von Herkunft oder Weltanschauung.“
– Integrations-Experte Dipl.-Soz. Kenan Güngör
In Kürze:
· Die Themen Zuwanderung und Integration bewegen die Gesellschaft. Jede fünfte Person in Oberösterreich hat Migrationshintergrund. Insbesondere durch die Zuwanderung aus Ländern mit unterschiedlicher sozialer und kultureller Prägung sind bestimmte Weltanschauungen und Lebensentwürfe nach Oberösterreich gekommen, die nicht kompatibel sind und aufeinanderprallen. · Diese zunehmende gesellschaftliche Vielfalt stellt auch neue Herausforderungen für das Zusammenleben dar. Die demographischen Veränderungen, insbesondere durch Migration, führen in Teilbereichen zu sozialen, kulturellen und politischen Spannungen. · Gerade aufgrund dieser Entwicklungen braucht es gemeinsame Werte und Regeln des Zusammenlebens, damit der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt wird, ein „kleines 1×1 des Zusammenlebens“. · Landeshauptmann Thomas Stelzer hat daher den Integrationslandesrat beauftragt, eine „Hausordnung“ für Oberösterreich zu erarbeiten. Gemeinsam mit dem Integrations-Experten Kenan Güngör soll ein praktischer und leicht nachvollziehbarer Leitfaden für das Zusammenleben in Oberösterreich erarbeitet werden. · Erarbeitet werden soll die Hausordnung auf Basis einer IMAS-Umfrage zum Thema „Integration in Oberösterreich“ – hier sollen aktuelle Einstellungen und Erwartungshaltungen zum Thema erhoben werden. · Ein Expertenrat mit Vertreterinnen und Vertretern unterschiedlicher gesellschaftlicher Bereiche und Institutionen wird eingerichtet, auch einzelne Zielgruppen im Bereich migrantischer Communitys werden verstärkt eingebunden. · Die Hausordnung soll bis Herbst fertig erarbeitet und präsentiert werden. Anschließend erfolgt die Umsetzung einerseits auf Maßnahmenebene, andererseits auf Kommunikationsebene (z.B. in Form einer Info-Kampagne oder einer zielgruppenspezifischen Ausrollung). |
Unsere Gesellschaft verändert sich – daher braucht es Orientierung und gemeinsame Werte
Oberösterreich steht – wie viele moderne Gesellschaften – vor der Herausforderung, den gesellschaftlichen Zusammenhalt in einem zunehmend pluralen Umfeld zu sichern. Migration, Globalisierung und Individualisierung bringen neue Weltanschauungen und kulturelle Zugänge in das Land. Die Reaktion darauf darf nicht Polarisierung oder kulturelle Beliebigkeit sein, sondern ein klarer werteorientierter Rahmen des Zusammenlebens.
Migration führt in Teilen dazu, dass Menschen mit stark traditionellen, auch autoritären Werteorientierungen auf eine modernisierte Aufnahmegesellschaft treffen, die von Freiheit, Individualität und aufgeklärtem Denken geprägt ist. Soziale Medien und die Digitalisierung fördern zum Teil die Tendenz der Polarisierung, zur Entstehung von Echokammern und zu desintegrativen, demokratiefeindlichen Milieus. Diese kulturelle Asymmetrie birgt Konfliktpotenzial und Integrationsbarrieren, die wir nicht ignorieren dürfen.
Die „Oö. Hausordnung“ als Orientierung und Wertebasis
Mit der geplanten „Hausordnung“ möchten wir einen klaren Orientierungsrahmen schaffen, der zentrale Grundhaltungen und Regeln für alle Menschen in Oberösterreich sichtbar macht. Ziel ist es, nicht nur zu informieren, sondern Spannungen aktiv aufzulösen und das tägliche Miteinander aktiv zu verbessern. In der Übersetzung gesellschaftlicher Wertemuster in klare, verständliche und vermittelbare Regeln soll das tägliche Miteinander gestärkt werden.
- Orientierung geben: Für Neuzugewanderte dient die Hausordnung als niederschwelliger Einstieg in das gesellschaftliche Wertegerüst Oberösterreichs.
- Verbindlichkeit schaffen: Wer Teil der Gemeinschaft sein will, muss die Grundprinzipien des Zusammenlebens respektieren.
- Gemeinschaft stärken: Ein gemeinsames Werteverständnis wirkt der Polarisierung und Fragmentierung entgegen und stiftet Zugehörigkeit.
Vielfalt braucht ein gemeinsames Fundament
Stabilität in pluralen Gesellschaften ist nur möglich, wenn trotz kultureller Vielfalt ein gemeinsamer normativer Rahmen existiert. Die Hausordnung definiert diesen Rahmen, indem wir
- zentrale Werte wie Respekt, Verantwortung, Gleichberechtigung und Rechtsstaatlichkeit sichtbar machen,
- den Integrationsprozess durch klare Erwartungen strukturieren,
- ein Gegengewicht zu Polarisierung und sozialer Desintegration schaffen.
Die Realität anerkennen – und gestalten
Unsere Gesellschaft ist bereits durch Migration geprägt – und sie wird es bleiben. Die Herkunftsländer, die Hintergründe, die Wertvorstellungen sind unterschiedlich – ebenso wie die Herausforderungen.Wir werden auch künftig auf Zuwanderung angewiesen sein – auf Menschen und Leistungsträger, die mitgestalten, mitarbeiten und mittragen wollen. Aber wir müssen zugleich klar benennen, dass wir keine Toleranz gegenüber Gruppen oder Milieus haben, die sich bewusst der Integration verweigern.
Laut den Erhebungen des Österreichischen Integrationsfonds lebten zu Jahresbeginn 2024 rund 276.300 Personen mit ausländischem Geburtsort in Oberösterreich. Das entspricht einem Anteil von 18 Prozent an der Gesamtbevölkerung des Bundeslandes. Mehr als die Hälfte dieser Menschen – konkret 55,4 Prozent – stammt aus Drittstaaten. Die größten Herkunftsgruppen unter den nicht-österreichischen Staatsbürger/innen stellen Personen aus Bosnien und Herzegowina, Deutschland sowie Rumänien dar.
Regionale Unterschiede gibt es vor allem zwischen Ballungsräumen und ländlichen Regionen: Während der Anteil an Personen mit ausländischem Geburtsort im Bezirk Freistadt bei lediglich 5,4 Prozent liegt, ist dieser Wert in Wels-Stadt mit 36,3 Prozent mehr als sechsmal so hoch – hier wurde bereits mehr als jede dritte Person außerhalb Österreichs geboren.
Die Fluchtbewegungen der letzten Jahre haben zudem einen großen Zuwachs an Personen mit syrischer oder ukrainischer Staatsangehörigkeit gebracht. Mit Anfang 2024 lebten in Oberösterreich 9.125 Syrer, innerhalb der letzten fünf Jahre hat sich diese Anzahl knapp verdoppelt. Bedingt durch den Krieg hat sich die Zahl der Ukrainerinnen und Ukrainer in Oberösterreich innerhalb von nur fünf Jahren von 1.447 auf 8.298 Personen mehr als verfünffacht. (Quelle: STATISTIK AUSTRIA, Statistik des Bevölkerungsstandes)
Der Zugang des Landes Oberösterreich ist zum Thema Integration ist klar: Fördern und fordern. Entsprechend der Linie Deutsch, Arbeit und Respekt werden jenen, die bereit sind, sich zu integrieren, alle Chancen geboten. Gleichzeitig braucht es aber auch klare Konsequenzen für Integrationsunwilligkeit. Deshalb werden auf Instrumente wie die Bemühungspflicht oder verpflichtende Deutsch- und Wertekurse gesetzt.
Startschuss für die „Oö. Hausordnung“ – Orientierung für ein respektvolles Zusammenleben
Damit das Zusammenleben auch künftig von gegenseitigem Respekt, klaren Regeln und einem starken gesellschaftlichen Miteinander getragen ist, wird das Land Oberösterreich auf breiter gesellschaftlicher Basis eine Oö. Hausordnung erarbeiten. Als praktischer Leitfaden für das tägliche Miteinander soll sie zentrale Werte und Grundhaltungen sichtbar machen, Orientierung geben und helfen, gesellschaftlichen Polarisierungen entgegenzuwirken. Die Entwicklung der oö. Hausordnung erfolgt in einem breit abgestimmten Prozess unter Einbindung des Integrations-Experten Dipl.-Soz. Kenan Güngör (Institut „think.difference“) und des Meinungsforschungsinstituts IMAS. Ziel ist es, eine tragfähige und praxisnahe Grundlage für ein respektvolles und friedliches Zusammenleben in Oberösterreich zu schaffen.
Die geplante „Oö. Hausordnung“ soll einen Orientierungsrahmen schaffen – auf drei ineinandergreifenden Ebenen:
- a) Verfassungsrechtliche Werte wie Demokratie, Freiheit und Gleichheit,
- b) Soziale Werte wie Respekt, Toleranz und Verantwortung,
- c) Kulturelle Werte, Traditionen im Spannungsfeld von Bewahrung und Weiterentwicklung.
Projektziele der Oö. Hausordnung
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Zur Begleitung des Prozesses wird ein eigener Expertenrat zusammengestellt. Dieser setzt sich aus Fachleuten aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen und Institutionen, darunter Integration, Recht, Soziologie, Bildung und Verwaltung sowie aus Vertretern zentraler Partnerorganisationen zusammen.
Oö. Hausordnung soll praktischer Leitfaden sein mit breiter kommunikativer Ausrollung
„Die Oö. Hausordnung soll nicht belehren, sondern Orientierung schaffen. Sie soll keine Doktorarbeit sein, sondern ein praktischer Leitfaden, für alle gut verständlich“, skizziert Integrationslandesrat Christian Dörfel. Die Hausordnung wird auf Basis unterschiedlicher inhaltlicher Inputs erarbeitet:
- IMAS-Umfrage zum Thema „Integration in Oberösterreich“ unter der Leitung von Meinungsforscher DDr. Paul Eiselsberg
- Zielgruppenspezifische Arbeit mit Vertreterinnen und Vertretern unterschiedlicher migrantischer Communitys (z.B. im Rahmen der Integrationskonferenz)
- Austauschrunden des Integrations-Expertenrats mit gemeinsamen Ableitungen als Basis für die Hausordnung
Der Prozess für die Erarbeitung der Oö. Hausordnung soll im dritten Quartal abgeschlossen sein. Die Ergebnisse der Umfrage werden noch vor dem Sommer im Rahmen der Oö. Integrationskonferenz präsentiert.
Gemeinsam mit der inhaltlichen Ausarbeitung auf Maßnahmenebene soll auch eine Werbelinie zur Kommunikation der Hausordnung ausgearbeitet werden. Im Fokus steht dabei die kommunikative Ausrollung in die Breite, aber auch zielgruppenspezifische Abwandlungen.